Ratgeber für Absolventen & Berufseinsteiger
Der mündliche Arbeitsvertrag
„Denn was
man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen“, heißt es bei
Goethe. Doch gilt das Faust’sche Zitat auch für Arbeitsverträge? Was, wenn
diese nicht „schwarz auf weiß“ festgehalten, sondern nur mündlich oder
bestenfalls per Handschlag besiegelt wurden?
Die gute
Nachricht: Entgegen der weit verbreiteten Annahme ist ein mündlicher Arbeitsvertrag
genauso uneingeschränkt gültig wie ein schriftlicher. Die schlechte: Im
Ernstfall hast du nichts in der Hand, um die Einzelheiten der Abmachung
zwischen dir und deinem Arbeitgeber gegenüber Dritten zu beweisen. Das wird
dann zum Problem, wenn sich dein Chef zum Beispiel weigert, dir deinen Lohn zu
zahlen. Geht der Streit vor Gericht, kannst du zwar mit Hilfe von Zeugen
belegen, dass du für die Firma gearbeitet hast und auch in welchem Umfang.
Welcher Lohn dafür vereinbart worden ist, wirst du jedoch nicht nachweisen
können, da diese Absprache mit großer Wahrscheinlichkeit allein zwischen dir
und deinem Chef erfolgt ist. Auch Abmachungen zu Urlaubstagen oder Sonderzahlen
lassen sich ohne einen entsprechenden schriftlichen Beleg kaum beweisen. Es
steht Aussage gegen Aussage.
Lenkt dein Arbeitgeber nicht ein, gilt eine ganz einfache Regelung: Dann steht dir nämlich das zu, was im Gesetz verankert ist. Unabhängig davon, was im mündlichen Arbeitsvertrag individuell vereinbart worden ist, hast du also Anspruch auf:
- den branchenüblichen Lohn (bei Branchen mit Tarifverträgen gelten diese),
- eine maximale Arbeitszeit von acht Stunden am Tag,
- die gesetzlich vorgeschriebene Mindestanzahl an Urlaubstagen,
- geregelte und ausreichende Pausenzeiten sowie
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Darüber
hinaus gibt es eine weitere Regelung, die dich als Arbeitnehmer bei Abschluss
eines mündlichen
Arbeitsvertrages schützt: das Nachweisgesetz. Es besagt, dass dein
Arbeitgeber bis spätestens einen Monat nach deiner Arbeitsaufnahme die
Bedingungen des Beschäftigungsverhältnisses schriftlich fixieren, also
aufschreiben, unterschreiben und dir aushändigen muss. Dieses Schriftstück muss
Folgendes beinhalten:
-
Name und Anschrift beider Vertragsparteien (also
von dir und deinem Arbeitgeber),
- den Beginn des Arbeitsverhältnisses,
- bei einem befristeten Vertrag die Gültigkeitsdauer,
- den Ort, an dem du für deinen Arbeitgeber tätig bist bzw. der Hinweis auf wechselnde Einsatzorte,
- eine Beschreibung deiner Tätigkeit,
- die Höhe deines Lohns inklusive etwaiger Zuschläge und Sonderzahlungen,
- die Fälligkeit des Lohns (wann wird gezahlt?),
- die tägliche Arbeitszeit,
- die Anzahl der dir zustehenden Urlaubstage,
- Kündigungsfristen,
- ggf. den Hinweis auf einen existierenden Tarifvertrag sowie
-
sonstige Vereinbarungen zwischen dir und deinem
Chef.
Beharrt dein
Arbeitgeber weiterhin ausschließlich auf dem mündlichen Arbeitsvertrag, ohne dir die
Bedingungen schriftlich auszuhändigen, kannst du von deinem
„Zurückbehaltungsrecht“ Gebrauch machen und die Arbeit verweigern, bis dein
Chef seiner Nachweispflicht nachgekommen ist. Auch wenn er davon alles andere
als begeistert sein wird: Kündigen darf er dir deshalb nicht.